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St. Bonifatius – Online-Kirche im Internet bei funcity.de (1998–2018)

Erfahrungen von und Erkenntnisse über Seelsorge

Die Internetkirche St. Bonifatius in funcity.de wurde am 6. April 1998 gegründet und startete mit einer im Radio live übertragenen Namens­gebung und Segnung durch Weihbischof Hans Georg Koitz, Hildesheim.

Mit einem Online-Profanierungs-Gottesdienst am 25. Februar 2018 beendete die Internetkirche St. Bonifatius ihre breit aufgestellten Angebote. Es war nicht mehr möglich, ein gesichertes, verlässliches personelles Angebot sicherzustellen. Nach fast 20 Jahren endete damit eine dauerhafte Pionierarbeit der Internetseelsorge. Sie hinterlässt vielfältige Erfahrungen.

In einem Fun-Umfeld, der als Spaßstadt angelegten Website funcity.de, die 1995 ersonnen wurde und 1997 online gegangen ist, wurde auf User-Wunsch eine Kirche eingerichtet, die mit Seelsorgerinnen und Seelsor­gern aus dem Bistum Hildesheim begann und dann um Mitarbeiter aus dem Offizialatsbezirk Oldenburg des Bistums Münster (1999) sowie dem Bistum Osnabrück (2000) erweitert wurde. Schließlich wurde unter sehr großer Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit (von BILD bis SPIEGEL) im November 2008 ein Kloster gegründet mit 13 verschiedenen Ordensge­meinschaften.

Die Internetkirche verstand sich als Teil der Community im Sinne von Jeremia 29,7: Sorgt euch um das Wohl der Stadt, in der ihr lebt. Ent­sprechend wichtig wurde und war die Kirche für das Leben in der Stadt bzw. Community.

Zunächst jeweils dienstags und donnerstags war für zwei Stunden Chat-Zeit, die von den Seelsorgern begleitet und gestaltet wurde. In den letz­ten Jahren fand der Chat am Donnerstag statt. Ebenfalls von Anfang an gab es ein Fürbittenbrett und ein Gästebuch. Andere Angebote haben sich daraus entwickelt.

Als Anlaufstelle diente ein „alt“ gestaltetes Kirchlein, welches im Pano­rama-Überblick der Stadt zu finden war. Anklicken führte zu einem Vorraum, von dem aus alle Angebote erreichbar waren. Dieser Vorraum ist im Laufe der Jahre mehrfach umgestaltet worden und in der letzten Fassung von einer Innenarchitektin begleitet worden.

Zum Ende des Chats bestand zunehmend mehr der Wunsch, nicht ein­fach auseinanderzugehen, sondern einen spirituellen Abschluss zu ge­stalten. In der Praxis und aus verschiedenen Varianten heraus hatte sich ein wiedererkennbares Chat-Ende entwickelt: Dank und Bitte, danach Zeile für Zeile gemeinsam das Vaterunser beten, zum Abschluss ein Segenstext.

In dieser Erfahrung liegt die Quelle für den Onlinegottesdienst, der von Januar 2004 bis Juni 2008 am letzten Sonntagabend im Monat statt­fand. Nach einer Unterbrechung wurde vom Klosterteam die Form über­arbeitet und von September 2009 bis Januar 2018 der Gottesdienst im gleichen Rhythmus als abendliche Komplet angeboten.

Drei Bibliolog-Abende im Chat (2012, 2013 und 2014) machten deutlich, dass auch diese Form von Beschäftigung mit biblischen Texten gelingen kann.

Screenshot vom 27.12.2017


Zum Jahreswechsel 1999/2010 wurde das erste Mal der E-Mail-Gemein­debrief an die User von funcity.de versendet, woraus sich ein eigener Abonnenten-Stamm entwickelte. Seitdem erschienen die Gedanken zum jeweiligen Sonntagsevangelium wöchentlich ohne Unterbrechung. Zum Ende der Kirche erschien die Nr. 1009 zum 24.2.2018. Zu besonde­ren Anlässen wurden interessante Autoren gefunden, z. B. zum Weltju­gendtag 2005 in Köln Bischof Dr. Franz-Josef Bode.

Weitere E-Mail-Angebote gab es zu den gestaltbaren Kirchenjahr-Anläs­sen: der Adventskalender als echter Adventskalender ab dem 1. Ad­ventssonntag (2003–2017), die Fastenimpulse (2004–2017; beide ab 2011 mit Fotos und deutlich verbessertem Layout) sowie einige Jahre (zuletzt 2014–2016) Impulse als Pfingstnovene. Ab 2017 wurde das E-Mail-Angebot um eine WhatsApp-Variante erweitert. Zudem wurden Sommerimpulse für alle Tage der Ferien in Deutschland (2014–2016 zusammen mit dem EB Köln) gestaltet, letztmalig 2017. Ein klares spiri­tuelles Profil gewann die Arbeit auch durch die angebotenen insgesamt zehn Online-Exerzitien im Alltag in den Jahren 2000 bis 2007.

Durch die Chats und die sichtbare Präsenz in Kloster und Pfarrhaus (mit Klarname, Foto und Kurzvita) nahmen verschiedenste Menschen zu uns Kontakt auf, um ihre Anliegen und Probleme darzustellen, zu bespre­chen und möglichst zu verändern und zu lösen. Dieses Seelsorgeange­bot gehörte zu den wichtigsten und zugleich am wenigsten nach außen sichtbaren Angeboten der Internetseelsorge.

Das alles wurde ermöglicht mit vergleichsweise relativ geringen Kir­chensteuermitteln: zwei 20-Prozent-Stellen in den Bistümern Osna­brück und Hildesheim sowie Sachkosten im geringen vierstelligen Bereich. Die Einrichtung eines bistumsübergreifenden Spendenkontos führte ab 2012 zu Erleichterungen.

Die Zahl der Teamerinnen und Teamer schwankte zwischen fünf zu Be­ginn und mehr als 25 vor einigen Jahren. Insgesamt haben über die Jah­re verteilt ca. 100 Personen an dem Seelsorgeangebot mitgewirkt, dar­unter auch evangelische Mitarbeiterinnen. Zur Einarbeitung wurde mit allen neuen Mitarbeitern gezielt gesprochen, umfassend informiert und die Aspekte der Arbeit vorgestellt. Für die interne Kommunikation war ein jährliches Gesamttreffen sinnvoll. Dazu kam ein kleines Leitungs­team, das sich regelmäßig (auch mit Hilfe von Telefonkonferenzen) austauschte und Entscheidungen traf.

Aufgrund des großen Interesses – insbesondere die Eröffnung des Klos­ters hatte unsere Internetkirche schlagartig breit bekannt gemacht – gab es öffentliche Anfragen, die zu Berichten und Referatstätigkeiten geführt haben. Dazu gehören die Publikation „Per Mausklick in die Kir­che“ von 2008 und die Mitgestaltung von Veranstaltungen bei Katholi­kentagen und den beiden Ökumenischen Kirchentagen 2003 und 2010.

Eine Reihe von Aktionen haben wir dialogisch mit den Nutzerinnen und Nutzern des Angebots gestaltet, insbesondere bei Fastenimpulsen und Adventskalendern durch Beiträge in Text und Bild. Partizipation darf dabei nicht zu Qualitätseinschränkungen führen.

Leitungsteam 2014 in Osnabrück (v.l.n.r.: Norbert Lübke, Sr. Maria Thekla Heuel SCC, Dennis Pahl, Rainer Gelhot)


„Anonymität schafft Vertrauen.“ Dieser Gedanke hat sich als Leit-Satz durch die Aktivitäten der Internetkirche gezogen. Wer nicht wollte, brauchte den echten Namen nicht zu nennen und konnte sich so oft­mals leichter mit seinen Anliegen öffnen.

Als Anerkennung für unsere Arbeit wurde der Sonderpreis des Bonifa­tiuspreises für missionarisches Handeln in Deutschland im November 2010 durch das Bonifatiuswerk überreicht.

Aufgrund fehlender personeller Ressourcen, die eine verlässliche Prä­senz in der Internetkirche in funcity.de nicht mehr sicherstellen konn­ten, wurde 2017 vom Team schweren Herzens beschlossen, die Inter­netseelsorge mit St. Bonifatius zu beenden. Das wurde dann Ende Februar 2018 umgesetzt. Dazu hatten wir Wünsche für die Umgestal­tung der Kirche benannt, damit sichtbar werden kann, dass es keine aktiv gestaltete Kirche mehr ist, wie z. B. die Löschung von Pfarrhaus und Klostergang, Fürbittenbrett usw. Eine Dokumentation über Ent­wicklungen ist nun eingefügt worden.

Mit dem Ende des Internet-Engagements wurden die verschiedenen Ak­tivitäten dokumentiert; die Dokumentation wird inhaltsgleich in die Bistumsarchive in Osnabrück und Hildesheim eingestellt.

Einen ausführlichen Bericht zur Internetseelsorge-Arbeit in St. Bonifa­tius in funcity.de finden Sie unter www.st-bonifatius-funcity.de als PDF.