Inhalt

Klimawandel und globale Gerechtigkeit

Armut hat auch einen weltweiten Aspekt: Die Armut in den Ländern des glo­balen Südens verschärft sich vielfach, nicht zuletzt durch Klimaverände­rungen, die durch den Energieverbrauch vor allem der Länder des globalen Nordens verursacht werden. Julia Moos und Claudio Moser beschreiben aus der Perspektive eines kirchlichen Hilfswerks Zusammenhänge zwischen Armut, Klima und Fragen der globalen Gerechtigkeit – und mögliche Konse­quenzen für den persönlichen Lebensstil.

Armut als Vulnerabilität gegenüber Extremwetterereignissen

In den letzten Jahren haben Krisen und kriegerische Konflikte weltweit zugenommen. Die Zahl von Menschen, die vor Gewalt, Verfolgung und Krieg fliehen, ist so hoch wie noch nie zuvor. Ende 2017 waren 68,5 Mil­lionen Menschen weltweit auf der Flucht (vgl. UNO-Flüchtlingshilfe 2018). Gleichzeitig sind die Folgen des fortschreitenden Klimawandels unübersehbar geworden. Laut einem Bericht der Weltbank aus dem Jahr 2018 werden bis zum Jahr 2050 mehr als 143 Millionen Menschen auf­grund der Folgen des Klimawandels gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen (vgl. World Bank 2018, 28). Im Jahr 2050 werden sich nach Schätzungen zwischen zwei und fünf Milliarden Menschen nicht ange­messen ernähren können. Derzeit leidet eine Milliarde Menschen Hun­ger. Dürren und Überschwemmungen bedrohen schon heute in vielen Regionen der Erde Millionen Menschen und fordern immer mehr Todes­opfer. So werden Hurrikans in der Karibik, Taifune im Pazifischen Ozean und Waldbrände beispielsweise in Chile und den USA in der Tendenz immer häufiger und stärker. Der Klimawandel führt dazu, dass Regen­zeiten unregelmäßig werden und die Ernte bedrohen. Durch Kon­flikte um Wasser, Land und Rohstoffe, die durch die zunehmende Was­ser­knappheit in vielen Regionen drohen, werden Migrationsbewegun­gen verstärkt. Verteilungskonflikte werden sich verschärfen und die Wahr­scheinlichkeit klimabedingter Konflikte innerhalb von und zwi­schen Staaten wird wachsen. Darüber hinaus können durch den Anstieg des Meeresspiegels in Folge der globalen Erwärmung fruchtbare Fluss­deltagebiete und ganze Inseln verschwinden (vgl. Backes 2018).

Der IPCC Sonderbericht 2018 über die Folgen der globalen Erwärmung stellt fest, dass die klimabedingten Risiken für Gesundheit, Existenz­grundlagen, Nahrungs- und Wasserversorgung, menschliche Sicherheit und Wirtschaftswachstum bereits bei einer Erwärmung um 1,5° C ge­genüber vorindustriellem Niveau zunehmen und bei 2° C weiter an­steigen werden. Die Folgen des Klimawandels betreffen zwar alle Men­schen, aber nicht alle sind von Extremwetterereignissen und Klimaver­änderungen gleich stark betroffen. Die klimabedingten Risiken hängen dabei vom Ausmaß und der Geschwindigkeit der Erwärmung, der geo­graphischen Lage, dem Entwicklungsstand und der Vulnerabilität sowie der Umsetzung von Anpassungsmöglichkeiten ab (vgl. Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle 2018). Das Potsdamer Institut für Klimafolgenfor­schung (PIK) spricht im Hinblick auf die Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Armut aufgrund der Klimaveränderungen von einer „diffe­renziellen Vulnerabilität“, also einer unterschiedlichen Betroffenheit von Regionen und sozialen Gruppen. So besteht eine doppelte Verwund­barkeit der armen Länder und dort speziell der armen Bevölkerungs­gruppen: einerseits eine biophysikalische Verwundbarkeit durch Natur­katastrophen, Umweltkrisen und regionale Klimaveränderungen, da arme Men­schen sehr häufig in Regionen leben, in denen sie mit extre­men Klimaschwankungen und Wetterextremen umgehen müssen; andererseits eine soziale Verwundbarkeit der Armutsgruppen durch ihre mangelnde Fähigkeit, mit sozialen und ökologischen Krisensitua­tionen umzugehen (vgl. Nuscheler 2012, 94 f.). Aus verschiedenen Gründen leiden Menschen oder ganze Staaten, die von Armut betroffen sind, besonders stark unter den Folgen des Klimawandels. Arme Men­schen bauen ihre Häuser häufig auf risikoreiche Flächen, da ihnen kein anderes Bauland zur Verfügung steht. Durch unzureichende Kanalisa­tion und Müllentsorgung leiden sie unter der Verschmutzung von Was­ser, Luft und Boden. Der Lebensunterhalt dieser Menschen beruht oft auf Landwirtschaft und Fischerei und ist somit sehr klimasensibel. Zudem fehlt es armen Menschen häufig an Informationen, um sich rechtzeitig auf drohende Gefahren vorzubereiten, und sie haben kaum finanzielle Ressourcen, um individuelle Schutzmaßnahmen zu treffen. Zugleich sind sie unzureichend an politischen Prozessen beteiligt, wo­durch sie nach einer Naturkatastrophe nur erschwerten Zugang zu staatlicher Unterstützung erhalten (vgl. Backes 2018). Je nach Erwerbs­grundlage, Einkommen, Bildungsstand, Geschlecht, Alter und sozialem Status sind Menschen in ein und derselben Region also unterschiedlich stark verwundbar gegenüber dem Klimawandel.

Laut Prof. Edenhofer vom Potsdamer Institut ist Armut aber nicht nur eine Folge von Umweltzerstörung, sondern auch eine der Ursachen, wenngleich ihr globaler Beitrag im Blick auf den Klimawandel vergli­chen mit den Industrieländern sehr gering ist. So können Arme oft nur durch Waldrodung etwas Land für ihr Überleben erhalten oder durch Abholzen Brennmaterial gewinnen. In der Folge werden sie zu Haupt­opfern von dadurch ausgelösten Umweltschäden wie Überschwemmun­gen und Erdrutschen infolge von Bodenerosion. Die daraus entstehende Wechselwirkung wird als ökologische Armutsfalle bezeichnet (vgl. Edenhofer 2010, 25).

Zusammenhang sozialer und ökologischer Fragen im Hinblick auf Armutsbekämpfung

Schon heute untergraben die Folgen des Klimawandels die internatio­nalen Bemühungen zur Armutsbekämpfung. Die Veränderungen der Lebensbedingungen der Menschen in Folge des Klimawandels haben massive Auswirkungen auf die Ernährung und die Wasserversorgung, welche zwei Grundprobleme von Armut darstellen. Deshalb braucht es in der humanitären Hilfe einen ganzheitlichen Ansatz, der neben öko­nomischen auch ökologische, politische, soziale und kulturelle Faktoren einschließt. Eine wirksame Armutsbekämpfung ist nur möglich, wenn die wechselseitigen Verknüpfungen zwischen dem Klimawandel und dessen Auswirkungen auf das soziale Zusammenleben der Menschen systematisch berücksichtigt und gemeinsam verfolgt werden. Diesen Zusammenhang von sozialen und ökologischen Fragen arbeitet auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si’, die 2015 kurz vor der UN-Klimakonferenz in Paris veröffentlicht wurde, sehr deutlich heraus. Er schreibt: „Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise. Die Wege zur Lösung erfordern einen ganzheitlichen Zugang, um die Armut zu bekämpfen, den Ausgeschlossenen ihre Würde zurückzugeben und sich zugleich um die Natur zu kümmern“ (Laudato si’ 139). Der Klimawandel und dessen anthropogene Ursachen, der Verlust der biologischen Vielfalt sowie die Müllproblematik und der Zugang zu sauberem Trinkwasser nehmen in der Enzyklika eine zentrale Stelle ein. Dabei betont Papst Franziskus immer wieder deren soziale Konsequenzen, die vor allem die Ärmsten zu spüren bekommen (vgl. Neher 2016, 2).

Vor diesem Hintergrund stellt sich Caritas international als Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes den vielfältigen Herausforderungen des Klimawandels und begegnet ihnen mit Not- und Katastrophenhilfe sowie mit der Unterstützung für Prävention, Wiederaufbau und soziale Entwicklung. Die Arbeit in diesen Bereichen geht oft Hand in Hand und ergänzt sich. Durch die Verbindung von Katastrophenhilfe und sozialer Facharbeit werden Synergien zwischen den beiden Arbeitsfeldern ge­schaffen und nachhaltige strukturelle Entwicklungsprozesse vorange­trieben. Sämtliche Maßnahmen sind verbunden mit dem Ziel, die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Menschen zu stärken. Die Nothilfe der Caritas geht, wo immer möglich, vom Partnerprinzip und dem sich damit ergänzenden Prinzip des Gemeinwesenansatzes aus. Die Hilfe kann so in der Regel auf lokal gut verankerte Strukturen aufsetzen. Projekte werden in Kooperation mit lokalen Partnern geplant und implementiert. Dadurch gewährleistet Caritas international nicht nur die Nähe zu den betroffenen Menschen vor Ort und fördert deren Eigenverantwortung (Subsidiaritätsprinzip), sondern unterstützt auch die Entwicklung gesamtgesellschaftlicher weltweiter Solidarität. Als z. B. der Hurrikan Matthew im Oktober 2016 auf Haiti traf und allein in diesem Land nach offiziellen Schätzungen ca. 1.000 Todesopfer forderte, war es notwendig, möglichst schnell Nothilfe zu leisten. Gleichzeitig wurde mit der Reparatur der beschädigten bzw. dem Wiederaufbau von zerstörten Häusern begonnen. Hunderte von Betroffenen wurden dabei unterstützt, Zugang zu sauberem Trinkwasser zu erhalten oder ihre Nahrungsmittelversorgung aus eigener Kraft z. B. durch den Anbau von schnellwachsendem Gemüse etc. zu verbessern. Für die Präventionsar­beit heißt das konkret, dass z. B. in Haiti stabile Schutzgebäude errichtet werden, in denen die Menschen Zuflucht finden können, wenn ein Hurrikan ihre Häuser zu zerstören droht. Es heißt aber auch, dass die Gemeinden sich organisieren, um im Falle eines Falles sofort zu reagie­ren und die nötigen Selbsthilfe-Maßnahmen einzuleiten. Die Zusam­menarbeit mit dem staatlichen Zivilschutz ist hierbei wichtig, aber von Land zu Land, von Region zu Region sehr unterschiedlich ausgebildet. Dort, wo die Zivilgesellschaft es schafft, sich gut zu artikulieren, gelingt es meistens besser. Gemeinwesenorientierung und Einflussnahme auf staatliche Strukturen können sich unmittelbar auf den Katastrophen­schutz auswirken und somit lebensrettend sein. Daher müssen im Sinne der nachhaltigen Katastrophenhilfe Aspekte der sozialen Sicherung, der politischen Einflussnahme und der Prävention mit der Nothilfe ver­knüpft werden. Experten des Welternährungsprogramms gehen davon aus, dass sich rund die Hälfte der Kosten für humanitäre Hilfe einsparen lassen, wenn eine Gemeinde oder eine Region auf die Folgen des Klima­wandels eingestellt ist. Doch viel wichtiger noch: Es können Leben ge­rettet werden, wenn Katastrophenhilfe nicht nur auf eine akute Katas­trophe ausgerichtet ist, sondern insbesondere ärmere Gemeinden mit Weitsicht und vorausschauend auf die Folgen des Klimawandels vorbe­reitet werden. Entwicklungsorientierte und nachhaltige Katastrophen­hilfe und -vorsorge leistet in diesem Sinne einen Beitrag zu globaler Gerechtigkeit, indem sie das Recht aller Menschen auf ein menschen­würdiges Leben anerkennt und einen Beitrag zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels leistet (vgl. Caritas international 2013, 6 ff.).

Klimawandel und Gerechtigkeit

Für die Verknüpfung von Klimaschutz und Armutsbekämpfung sind die Chancengerechtigkeit, die Bedarfsgerechtigkeit und die Verfahrensge­rechtigkeit essentiell, die sich aus den allgemeinen Menschenrechten ableiten lassen (vgl. Backes 2018). Nach dem Prinzip der Chancenge­rechtigkeit sollen alle Menschen die gleichen Chancen haben, Leis­tungsfähigkeit zu entwickeln und Leistungen hervorzubringen, wobei es möglich sein muss, mehr oder weniger große Erfolge zu erzielen. Da das Konzept der Chancengerechtigkeit nicht in der Lage ist, dem Bedarf der nicht Leistungsfähigen, z. B. der Kranken, Alten und Kinder, gerecht zu werden, bedarf es zusätzlich der Bedarfsgerechtigkeit. Diese be­rück­sichtigt den „objektiven“ Bedarf von Menschen und insbeson­dere deren Mindestbedarf (vgl. Hradil 2012). Der Hauptaspekt der Ver­fahrens­gerechtigkeit ist die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, die für ausnahmslos alle Menschen gelten muss. Es geht um eine Norm zur Beurteilung des Verhaltens gegenüber anderen, bei der gleiches Verhalten gleich behandelt werden muss. Die Verfahrensgerechtigkeit ist somit ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit (vgl. Schlösser 2007). Auch wenn bei der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948 die Folgen des Klimawandels noch nicht im Blick waren, können die Auswirkungen als Verletzung von Menschenrechten verstanden werden. So hat auch der UN-Menschen­rechtsrat im März 2008 in Genf eine Resolution verabschiedet, in der er den Klimawandel als eine Gefährdung der Menschenrechte bezeichnet. Die Befriedigung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse, wie der Zugang zu ausreichender Nahrung und sauberem Trinkwasser, hat dabei eine hohe Priorität (vgl. Edenhofer 2010, 56 ff.).

In der Diskussion um Gerechtigkeit im Kontext des Klimawandels rückt zunehmend ein weiteres Gerechtigkeitsprinzip ins Bewusstsein: die Gendergerechtigkeit. Sie berücksichtigt die Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels. Durch den Klimawandel wird die Diskriminierung von Frauen, die in vielen Gesell­schaften stattfindet, nämlich zusätzlich verschärft. Frauen sind welt­weit vom Klimawandel stärker betroffen als Männer, besonders in länd­lichen Regionen des Globalen Südens. Sie haben zumeist einen geringe­ren sozialen Status und verfügen über weniger politische und wirt­schaftliche Macht als Männer, weshalb sie auch besonders häufig von Armut betroffen sind. So starben beispielsweise beim Tsunami in Süd­ostasien 2004 mancherorts viermal so viele Frauen wie Männer. Viele Frauen konnten im Gegensatz zu Männern nicht schwimmen und wurden durch die traditionelle lange und eng anliegende Kleidung bei der Flucht behindert. Zudem hielten sich zum Zeitpunkt der Katastro­phe viele Frauen im Haus auf und wurden zu spät gewarnt, während die Männer überwiegend bei der Arbeit waren. Außerdem konnten sich Frauen nicht so schnell in Sicherheit bringen, da sie für Kinder und ältere Familienmitglieder verantwortlich waren. Die Folgen des Klima­wandels wie etwa Dürren, Überschwemmungen und Seuchen haben für Frauen zudem schlimmere Konsequenzen, da sie sich häufiger als Män­ner um die Landwirtschaft und den Haushalt kümmern. So müssen sie bei Trockenheit etwa weitere Wege zurücklegen, um Wasser zu holen. Wenn aufgrund von Hitze und starken Regenfällen Seuchen oder Mala­ria verstärkt auftreten, kümmern sich vor allem Frauen um die Pflege der Kranken. Mädchen brechen oft schon im jungen Alter die Schule ab, um ihre Mütter bei den Arbeiten zu unterstützen. Zudem führen Klima­veränderungen häufig dazu, dass überwiegend Männer in andere Regio­nen migrieren, während die Frauen alleine zurückbleiben und unter prekären Bedingungen für das Überleben der Familie sorgen müssen. Nicht zuletzt leiden Frauen auch im Nachgang von Extremwetterer­eignissen in stärkerem Maße, unter anderem da sie häufiger Opfer sexueller Gewalt werden. Durch eine stärkere Teilhabe von Frauen an politischen Entscheidungen, die Verbesserung ihres Zugangs zu finan­ziellen Ressourcen und Bildung sowie eine Verbesserung ihrer Stellung in der Gesellschaft kann also auch den Folgen des Klimawandels effek­tiver begegnet werden (vgl. Ehrenhauser 2016).

Wer ist verantwortlich, dem Klimawandel entgegenzuwirken?

Treibhausgase, die bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Braunkohle, Erdöl, Erdgas) entstehen, tragen die Hauptverantwortung für die Folgen der Erderwärmung. Wie aus dem fünften Bericht des Weltklimarats IPCC aus dem Jahr 2014 hervorgeht, sind schon heute die Städte weltweit für rund 70 Prozent des Energieverbrauchs und der energiebezogenen Treibhausgas-Emis­sionen verantwortlich, die G-20-Länder sind weltweit für 85 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen ver­antwortlich. Neben dem Verkehr treiben auch die industrielle Land­wirtschaft und der hohe Verbrauch an Konsumgütern die klimaschäd­lichen Emissionen in die Höhe (vgl. Backes 2018). Während arme Men­schen besonders stark unter den Folgen des Klimawandels leiden, haben sie also am wenigsten dazu beigetragen, dass die Treibhausgas-Emissio­nen zu einer Bedrohung für unseren Planeten wurden. Nach dem Verur­sacherprinzip tragen die reichen Industrienationen eine besonders gro­ße Verantwortung dafür, schädliche Emissionen zu reduzieren und ärmere Länder bei der Anpassung an den Klimawandel und der Bewälti­gung von dessen Folgen zu unterstützen, um so ein menschenwürdiges Leben für alle heutigen und zukünftigen Menschen zu ermöglichen. Zudem verfügen reiche Länder über mehr wirtschaftliche, finanzielle, technologische und politische Möglichkeiten, um in besonderem Maße zum Klimaschutz beitragen zu können.

Grundsätzlich stehen alle Menschen und Staaten in der Pflicht, die Treibhausgase entsprechend ihrer Kapazitäten und Möglich­keiten zu reduzieren. Zunächst kann jeder Einzelne durch seinen eigenen Lebens­stil zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen beitragen: „Ist es beispielsweise nötig, mit jedem Modellwechsel ein neues Handy zu kaufen, wenn bekannt ist, dass der hierfür notwendige Rohstoff­abbau für die Umwelt der betreffenden Länder schädlich ist und die Arbeitsbedingungen schlecht sind? Konsumenten haben die Möglich­keiten, durch ihre Entscheidungen Unternehmen zum Umdenken zu zwingen“, so Prälat Dr. Neher, Präsident des Deutschen Caritasver­bandes (Neher 2016, 6). Die internationalen Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Ressourcenabbau einerseits und prägenden Konsum­modellen andererseits müssten dafür mehr ins Bewusstsein der Bevöl­kerung rücken.

Zudem braucht es mehr Druck durch eine Öffentlichkeit und eine Zivil­gesellschaft, die sich für eine soziale und nachhaltigere Politik und Wirtschaft einsetzen. Länderübergreifende kirchliche Strukturen (wie zum Beispiel das kirchliche Netzwerk für Amazonien REPAM) können dazu beitragen, dass die politische Einflussnahme auch auf interna­tionaler Ebene erfolgt. Auch wenn damit ein erster wichtiger Schritt getan wäre, ist gleichzeitig auch klar, dass die Umweltkrise eine globale Krise ist, die primär von Politik und Wirtschaft gelöst werden muss. Papst Franziskus betont in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium, dass die Logik der Ertragsmaximierung das Denken in Wirt­schaft und Politik prägt und dadurch die ganzheitliche Entwicklung des Menschen aus dem Blick gerät. Laut Papst Franziskus braucht es einen grundlegenden Perspektivwechsel. Der Mensch muss sich wieder stär­ker als Teil der Natur begreifen und sich seiner Verantwortung gegen­über der Schöpfung bewusst werden (vgl. Neher 2016, 3 f.). Zudem müssen Vereinbarungen darüber getroffen werden, wer die Kosten für umweltschonendere Technologien und Produktionsweisen zu tragen hat. Politik und Unternehmertum reagieren nur sehr langsam und sind noch weit davon entfernt, den weltweiten Herausforderungen gewach­sen zu sein. Oft sind es Unternehmer aus dem globalen Norden, die von Großprojekten und dem Rohstoffabbau profitieren oder sie selbst durchführen. Während die lokale Bevölkerung deren soziale und ökolo­gische Folgen tragen muss, ist sie nicht an den Gewinnen des Abbaus beteiligt. Doch auch die Länder des Globalen Südens stehen hinsichtlich des Klimawandels in der Verantwortung, wenn sie beispielsweise auf­grund von schlechter Regierungsführung sehr stark auf den Export von Ressourcen setzen, die sie unter massiver Ausbeutung der mensch­lichen Arbeitskraft und Zerstörung der Natur gewinnen (vgl. Edenhofer 2010, 25). Erschwert werden klimafreundliche Lösungen dadurch, dass Staaten oft in einem nationalen Egoismus verharren, anstatt globale Kompromisse zu suchen. Der Schutz natürlicher Ressourcen ist eine internationale Problematik, die nur gemeinsam angegangen werden kann. Es braucht deshalb verstärkt einen Dialog in der internationalen Politik, um gemeinsam und wirksam die Herausforderungen des Klima­wandels anzugehen (vgl. Neher 2016, 6 f.). Vor dem Hintergrund der drastischen Folgen des Klimawandels ist dabei höchste Dringlichkeit geboten.